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Ein Artikel in der Bergedorfer Zeitung vom 8.9.2011

 

 

Mittelalterliche Stickkunst zu neuem Leben erweckt

Christel Senf (69) fertigt Antependium im Klosterstich


Glinde (pkb).  Es gibt keine Handarbeit, die Christel Senf nicht ausprobiert hat. Sie strickt, stickt, klöppelt und hat Porzellan-Puppen hergestellt. Doch dann hat sie die Königsdisziplin der Stickkunst für sich entdeckt: den Klosterstich. Am Sonntag, dem 25. September, wird ihr erstes Antependium, ein Altarbehang, um 10 Uhr in einem Gottesdienst in der Willinghusener Kirche, Lohe 2, in Gebrauch genommen.

„Als ich mit dem Kulturkreis der St.-Johannes-Gemeinde 2009 das Kloster Wienhausen besuchte, habe ich dort eine Vorführung dieser Stickkunst gesehen und war begeistert", erzählt die 69-Jährige.

Weil die Nonnen im 14. Jahrhundert sehr sparsam sein mussten, aber nicht auf schöne Wandteppiche verzichten wollten, haben sie den Garn sparenden Klosterstich erdacht. „Bei dieser Kunst wird der Faden über die geplante Strecke gelegt und dann festgeheftet. Dieser Stich kann versetzt werden, so dass der Anschein erweckt wird, es sei gewebt worden." 2010 hatte die Glinderin endlich einen der begehrten Kursusplätze im Kloster ergattert und legte los.

Nach ersten Versuchen auf zehn mal zehn Zentimetern, dann auf 20 mal 20, sann sie nach Größerem. Das wurde von Pastor Thomas Deter begeistert aufgenommen. Das Antependium in der kleinen Willinghusener Kirche war ziemlich fadenscheinig geworden.

 „Die Pastoren haben sich etwas Grünes mit Taube und Kreuz für Trinitatis, die festfreie Zeit, gewünscht", berichtet die agile Seniorin. Ihre Ausbilderin Elke Hirschler und deren Mann hätten danach das Antependium entworfen und auf Pergamentpapier projiziert. „Das Motiv wird auf Leinen übertragen, und los geht's", sagt sie.

Was so flott klingt, hat dreieinhalb Monate, an jedem Tag im Schnitt zwei Stunden, Stickarbeit unter der Tageslichtlampe, gedauert. „Auf einem anständigen Stuhl, das geht nicht so aufs Kreuz, als wenn ich vor dem Computer sitze", sagt Christel Senf.

Eine Freundin fasste das Kunstwerk, so dass es am Altar richtig zur Geltung kommen wird.

Ähnliche Antependien kosten als Industrieware im Pastorenkatalog übrigens an die 800 Euro.

Christel Senf hat mittlerweile schon das nächste Antependium begonnen. Es wird als Kern die liturgische Farbe violett für die Fastenzeit vor Ostern und für die Adventszeit tragen. „Das wird aber frühestens für die Osterzeit fertig", sagt Christel Senf. Es gibt ja schließlich auch noch anderes zu tun.

 

Die beiden linken Bilder sind der Bergedorfer Zeitung entnommen; das rechte Bild ist eine eigene Fotografie.