Zurück

Antependien für die (ehem.) Messias-Kirche in Hannover-Buchholz

Klicken Sie auf die Bilder!
Bi1901 Sy0105 Bi1202 Bi2001 Z16

Über die Entstehung dieser Antependien erzählt Elke Hirschler:

Im Sommer 1991 bat man mich, im Altenkreis über die Antependien-Stickerei in unserer Gemeinde zu berichten. Als ich mich auf diesen Vortrag vorbereitete, fiel mir auf, dass wir durch diese Arbeit in der Gemeinde eine alte Tradition Niedersachsens fortsetzen.

Doch zunächst möchte ich zwei Begriffe erklären, die ich des Öfteren verwenden werde:

Unter einem Parament versteht man christliche Gewänder und alle Textilien, die in Kirche und Gottesdienst gebraucht werden;

Antependium heißt soviel wie Vorhang - es ist ein Vorhang bzw. ein Schmucktuch an Altar, Kanzel oder Lesepult.

Ein Antependium ist also ein Parament.

Nun zu der erwähnten niedersächsischen Tradition. In den niedersächsischen Klöstern schufen Nonnen wunderbare Kunstwerke - Teppiche - zur Ehre Gottes. Sie stickten, fast ausschließlich im Klosterstich, Bildteppiche mit oft biblischen Inhalten, und bei der Arbeit setzten sie sich mit diesen Inhalten auseinander.

Ähnlich haben wir es in der Gemeinde gemacht: Konfirmanden setzten sich mit biblischen Themen auseinander, machten Entwürfe für Antependien, und ein Kreis begeisterter Stickerinnen setzte diese Entwürfe um und vollzog dabei die Gedanken der Konfirmanden nach.

Aber ich will der Reihe nach berichten.

Zunächst setzten sich die Konfirmanden des Jahrganges 1984/85 mit kirchlichen Inhalten auseinander. Sie lernten die Sonntage des Kirchenjahres kennen und die ihnen zugeordneten liturgischen Farben, und sie machten sich mit der christlichen Symbolsprache vertraut. Ich möchte das an einem Beispiel deutlich machen:

Die Konfirmandin Valentina Placke hatte sich im Unterricht dazu entschieden, ein grünes Antependium für die Epiphaniaszeit zu entwerfen. Dazu musste sie sich mit dem Evangelium des 2. Sonntages nach Epiphanias auseinandersetzen - es steht im Evangelium des Johannes, Kapitel 2, Verse 1 bis 11.

Valentina Placke hat ihre Gedanken dazu aufgeschrieben:

Auf meiner Vorlage zum Altarantependium sind 6 Tonkrüge zu sehen. Diese sind das Symbol für die Hochzeit zu Kana in Galiläa. Die liturgische Farbe ist grün, die Farbe der Schöpfung, für den 2. Sonntag nach Epiphanias.

Im Evangelium lesen wir die Geschichte Johannes 2, Vers 1 - 11:  Auf einer Hochzeit in Kana vollbrachte Jesus sein erstes wunderbares "Zeichen". Als der Wein alle war, ließ sich Jesus
6 große Tonkrüge voll Wasser bringen. Dann trug Jesus den Dienern auf, den Küchenchef
davon kosten zu lassen. Dieser stellte voll Erstaunen fest, dass in den Krügen besserer Wein war, als die Gäste zuvor bekommen hatten. Er ärgerte sich über die falsche Organisation. Aber die Kellner wussten, dass Jesus das Wasser in Wein verwandelt hatte.

Das war das erste Zeichen, mit dem Jesus seine Herrlichkeit offenbarte. Und die Jünger glaubten an ihn.

Ich habe für meine Darstellung die 6 Tonkrüge gewählt, weil nur bei Jesus' erstem Wunder 6 Tonkrüge erwähnt werden. Die Strahlen, die auf die Krüge fallen, zeigen die Herrlichkeit des Sohnes Gottes: Jesus Christus.

An diesem Beispiel erkenne ich, dass wir Jesus in allen Nöten um Hilfe bitten können, und dass die Hilfe, die Jesus gibt, über das Erbetene weit hinausgeht.

Der Dichter Paul Gerhardt lobt  den Herrn Jesus mit diesen Worten:

"Du füllst des Lebens Mangel aus
mit dem, was ewig steht.
Du führst uns in des Himmels Haus,
wenn uns die Erd' entgeht."
      (EKG 230, 12)

Und so wie Valentina Placke haben es alle anderen Konfirmanden auch gemacht: Sie haben, manchmal mit Hilfe von Bildern, einen Entwurf für ein Antependium geschaffen und dann die dazugehörende biblische Geschichte interpretiert.

Diese schönen Entwürfe und guten Gedanken sollten nicht einfach in der Schublade verschwinden. Die Gemeinde entschloss sich daher, ein Antependium nach einem solchen Entwurf anfertigen zulassen. Mit Hilfe von Spendengeldern und offiziellen Zuschüssen war das möglich. Es entstand in der Paramentenwerkstatt des Klosters Marienberg in Helmstedt.

Allerdings wäre es zu kostspielig gewesen, mehrere Antependien dort fertigen zulassen, und so wurde in einem Gemeindebrief zur Bildung eines Stickkreises aufgerufen, und viele begeisterte Stickerinnen fanden sich zu einem großen Kreis zusammen - Alt und Jung, im Alter zwischen 15 und 80 Jahren.

Ich komme nun noch einmal zurück zu der Tradition der Klöster in Niedersachsen. Auch unser Stickkreis musste sich wieder intensiv mit den Inhalten der Entwürfe, mit den Farben und Symbolen auseinander setzen. Einige von uns haben die Entwürfe auch noch etwas umgearbeitet, damit sie auf das erst später festgelegte Format passten. Hierbei und auch beim Sticken kamen sicherlich auch uns manche guten Gedanken und Assoziationen.

Mir jedenfalls ging es so, wenn ich fast ein Jahr lang an einem solchen Antependium jeden Tag mindestens eine Stunde gearbeitet habe.

Die meisten von unserer Gruppe haben im Klosterstich gearbeitet - auch dieses eine alte niedersächsische Tradition. (Teppiche im Klosterstich kann man in den Klöstern Lüne, Wienhausen und Mariensee bewundern.) Der Stich ist eine Art Spannstich, der mindestens die Musterfläche ganz ausfüllt, meistens aber auch den gesamten Untergrund.

Langsam und allmählich entstanden so die Antependien, und ich glaube, dass wir stolz darauf sein können, in dieser Gemeinschaft 14 Antependien erstellt zu haben, die hoffentlich noch viele Jahre den Kirchenraum beleben und die Gemeinde erfreuen werden.

Nachtrag: Die Messiaskirche gibt es inzwischen nicht mehr - sie wurde 2008 entwidmet und abgerissen. Die Antependien wurden an die Matthias-Kirchengemeinde in Groß Buchholz gegeben.